C.1. Die Familie Heineken mit ihren Bremer und niederländischen Wurzeln

Bremer aber auch überregionale Geschichtsforscher haben sich – bisher wenig erfolgreich – mit der Geschichte der Familie Heineken beschäftigt. Die noch nicht abgeschlossene Forschung des Autors Harald Klingebiel (Gildemeister) zur weitverzweigten Familie Heineken lässt schon zum jetzigen Zeitpunkt und in dieser Kurzfassung 1 erstmals die Beantwortung der im historischen Raum stehenden Fragen zu.

A.) Wie sieht die Ahnenfolge des in Bremen im 18. Jahrhundert lebenden und arbeitenden Bremer Bürgermeisters Christian Abraham Heineken aus?

In der Geschichte der Stadt Bremen hat die calvinistisch orientierte und der „Gemeinde ‚Unser Lieben Frauen‘“ angehörende Familie Heineken zu unterschiedlichen Zeiten mehrere Senatoren und Bürgermeister gestellt. Der bekannteste ist der früh verwitwete Christian Abraham Heineken (1752-1818), der 1779 Ratsherr und 1792 lebenslang zum Bürgermeister in Bremen wurde.

Berühmt geworden ist Christian Abraham Heineken darüber hinaus durch seine, zusammen mit Johann Gildemeister (1753-1837) zwischen 1790 und 1798 durchgeführte, trigonometrische Landvermessung des Bremer Staatsgebietes, deren Ergebnis eine entsprechend genaue Karte war.

Ähnlich erfolgreich, aber weniger bekannt ist sein jüngerer Bruder, der Hofrat und Mediziner Johann Heineken (1761-1851), der eine Bremer „Mediziner-Persönlichkeit“ war, u.a. als Gründer von Bad Lilienthal (bei Bremen) gilt und Vater u.a. streng-religiösen Johanna (1) war.

Beide waren Söhne von Philipp Issak Heineken (1727-1790), dessen Großvater Johann Heineken (1670-1720) Bremen in den Raum Wesel / Moers verlassen hatte. Wahrscheinlich religiös bedingt war ihr Vater Christian „Jean“ Abraham Heineken (1695-1774) von Wesel nach Magdeburg gegangen. In nächster Generation ging Sohn Philipp Isaak Heineken, gleichzeitig Vater von Bürgermeister Christian Abraham und Mediziner Johann, seinen Geburtsort Magdeburg verlassend, „zurück“ nach Bremen.

B.) Wie sieht die Ahnenfolge der in Bremen lebenden „Brauer“ der Heineken-Linie aus Bremen aus? Und haben sie etwas mit der heute weltweit agierenden Heineken-Brauerei in Amsterdam zu tun?

Vielen Historikern, die sich mit Bremer Geschichte befassen, war lange bekannt, dass es neben den eben angesprochenen Bürgermeistern in Bremer auch „Brauer“ gleichen Namens gab. Der in Bremen lebende, calvinistische Brauer Christian Heineken (1657-1707) hatte mehrere Kinder, von denen einige Bezüge in die calvinistischen Niederlande hatten.

Ein Sohn von diesem, nämlich Christian Heineken (1687-1749) war ebenfalls Brauer und Mitglied der Brauersozietät.

Wiederum ein Sohn von diesem „zweiten“ Christian Heineken war der 1730 in Bremen geborene und 1795 in Amsterdam gestorbene Diedericus Heineken. Seine Berufung weniger in der Brauertätigkeit sondern in der calvinistischen Theologie suchend, war er um 1750 von Bremen in die Niederlande nach Elburg ausgewandert und war dort viele Jahrzehnte als calvinistischer Prediger tätig.

Ein Ur-Enkel von diesem Diedericus Heineken, nämlich der in Amsterdam lebende Gerard Adrian Heineken (1841-1893), gründete 1864 unter finanzieller Mithilfe seiner verwitweten Mutter in Amsterdam den Vorgänger der heutigen „Heineken-Brauerei“ 2 .

Alfred „Freddy“ Heineken (1923-2002), Enkel von genanntem Gerard Adrian Heineken, ging nach der Schulausbildung in die USA, um sich die neusten Methoden der Werbung und des Marketings anzueignen. Mit diesem Rüstzeug und anderen Innovationen machte er die „Heineken-Brauerei“ in Amsterdam zu einem der größten und umsatzstärksten Konzerne weltweit, bis er die Firmengeschicke zuerst in die Hände von Tochter Charlene Lucille und Schwiegersohn Michel de Carvalho übergab. Aufgerückt in die Sitze des Konzerns sind Inzwischen auch einige Enkel, der heute beispielsweise zu den Großsponsoren der Fußball Championsleague 3 gehört.

C.) Haben diese beiden „Heineken- Linien“ verwandtschaftliche Beziehungen miteinander? Hat also die „Familien-Linie“ der Bürgermeister etwas mit der Linie der in den niederländischen Brauern bzw. der „Heineken-Brauerei“ in Amsterdam zu tun?

Ja, das haben sie – und zwar über die weibliche Ahnenfolge. Dazu müssen wir noch einmal zum „ersten“ in Bremen lebenden Brauer Christian Heineken (1657-1707) zurückkommen (siehe auch B.), „Brauer-Linie“). Dieser hatte mehrere Kinder; darunter einen „zweiten“ Christian Heineken (1687-1749), der in Bremen lebend ebenfalls Brauer wurde. Bezüglich der vorstehenden Frage ist die älteste, 1640 in Oesterreich geborene Tochter Rebecca Heineken (2) von großer Bedeutung: sie war der „Anfang“ einer „Verbindungslinie“ zu den „Bürgermeistern“. In Bremen heiratete sie den „ersten“ Arend Kulenkampff (1635-1694). 4

Der jüngere Sohn, nämlich der „zweite“ Arend Kulenkampff (1680-1733), heiratete in zweiter Ehe Eleonora Riebenstein, mit der er um 1726 in ihre Heimatstadt Celle ging.

Ein Sohn aus dieser Ehe und Enkel von Rebecca (2), nämlich Johann Hermann Kulenkampff (1738-1790), heiratete in zweiter Ehe Rahel Pedele (geborene Gabain, 1752-1796). Der älteste Sohn aus dieser Ehe, der Ur-Enkel der Brauers-Tochter Rebecca (2) (geborene Heineken), war Caspar Gottlieb Kulenkampff (1769-1838) 5. Nachdem er – mit erster Ehefrau – nach Bremen, die Stadt seiner Vorfahren, zurückgekehrt war, heiratete er in zweiter Ehe Johanna (Johanne) Juliane Heineken (1788-1863), eine Tochter des Hofrats und Mediziners Johann Heineken, dem Bruder von Bürgermeister Christian Abraham Heineken (siehe auch A.) „Bürgermeister-Linie“). Mehr noch die erbende Johanna (1), aber auch Ehemann Caspar Gottlieb Kulenkampff übernahmen das in Bremen-Oberneuland / Schorf liegende Gut „Landruh“ und entwickelten es zu einer streng-religiösen Stätte.

Durch Rebecca Heineken (2) ist damit die Brauer-Linie mit der durch Johanna Heineken (1) repräsentierten Bürgermeister-Linie nach gut 100 Jahre später verbunden – Rebecca steht am Anfang, Johanna am Schluß der „Verbindungslinie“.

D.) In welcher Beziehung stehen die „Fußball-Pioniere“ Philipp Heineken und Michael Friedrich „Willy“ Heineken zu den „Bürgermeistern“ und „Brauern“?

Ja, als Ur-Enkel des „Hofrats“ und „Mediziners“ Johann Heineken sind beide Brüder Teil der „Bürgermeister-Linie“ – und damit auch verwandt mit den „Brauern“, wie wir eben unter C. gesehen haben.

Der von Bremen nach Bad Cannstatt (damals bei Stuttgart 6 ) gezogene Carl Ferdinand Heineken war zweiter Sohn des „Hofrats“ und „Mediziners“ Johann Heineken sowie Bruder von Johanna Heineken (2) – gleichzeitig war er Vater des nach New York ausgewanderten Johann Philipp Heineken (1847-1880) 7 . Zusammen mit seiner Frau Paulina (Pauline), geborene Müller, hatten sie zwei, in New York geborene 8 und als „Fußball-Pioniere“ in Deutschland in Erscheinung getretene Söhne: (John) Philipp Heineken (1872-1959) und Michael Friedrich (gen. „Willy) Heineken (1876-1962). Während Philipp Heineken für einige Monate des Jahres 1900 als Vize-Präsident im gerade gegründeten „Deutschen Fußball-Bund“ und hier insbesondere für die deutsche Übersetzung des englischen Fußball-Regelwerks zuständig war, pflegte Michael Friedrich („Willy“) Heineken das „Rugby-Fußball-Spiel“ 9 in verschiedenen Vereinen im Raum Stuttgart bis er beruflich nach Bremen ging und hier ebenfalls Rugby-Fußball spielte.

Während der wohl vom Reichtum seiner Ahnen lebende „Rentier“ und ohne abgeschlossene Schul- und Berufsausbildung das Leben genießende Philipp John Heineken scheinbar nur über seine Vorfahren Verbindung zur Stadt Bremen hatte, lebte Bruder Michael Friedrich „Willy“ von ca. 1900 bis ca. 1918 in Bremen – zuerst in der Moselstraße 46, dann mit seiner 1904 geheirateten Frau Sophie (geborene Pestrup) in der Bismarckstraße 59.

Seit dieser Zeit arbeitete der Maschinenbauingenieur in der Bremer Firma Carl Francke & Co., die im Wesentlichen Gasanstalten, Dampfmaschinen und entsprechendes Zubehör herstellte und weltweit vertrieb. In nebenberuflicher, wohl unbezahlter Funktion bildete er als „Hülfslehrer“ bis etwa 1911 „Gasmeister“ im heutigen „Technikum“ in der Bremer Neustadt aus. Nach Bremen gekommen, fungierte er ab etwa 1900 als Schriftführer in dem hauptsächlich Rugby-Fußball spielenden „Fußball-Verein Bremen von 1900“, der einen Platz in der „Pauliner Marsch“ ganz in der Nähe des heutigen Weser-Stadions nutzen konnte.

Berufsbedingt ging er um 1920 als Direktor der „Wilhelmsburger Eisenkonstruktions- und Maschinen-Bauanstalt Aktiengesellschaft“ von Bremen nach Hamburg, wo er bis 1930 im nahe der Binnnenalster gelegenen, gutsituierten Stadtteil Uhlenhorst im Erlenkamp 22 lebte. Nach dem Zweiten Weltkrieg war der manchmal auch als Oberingenieur bezeichnete Michael Friedrich „Willy“ Heineken von ca. 1955 bis zu seinem Tod 1962 in Hamburg in der Dorotheenstr. 41 unter „Ingenieur-Büro“ gemeldet. Er wurde in Bremen auf dem Riensberger Friedhof im Familiengrab beigesetzt.

E.) In welcher Beziehung steht der Geschäftsführer des Norddeutschen Lloyds Philipp Heineken zur großen Familie der Heinekens? Und wie wird dieser Verwaltungsratsmitglied des „Weser-Stadion e.v.“ ?

Ja, er gehört zur „Bürgermeister-Linie“ der Familie Heineken und ist einer der vielen Ur-Enkel des „Hofrats“ und bekannten „Mediziners“ Johann Heineken (siehe c.). Philipp Heineken (1860-1947) ist als Kaufmann in leitendenden Funktionen beim Bremer „Norddeutschen Lloyd“ (NDL) 10 berühmt geworden.

Nach Besuch des Gymnasium in Bremen durchlief er eine dreijährige kaufmännische Lehre und ging für 6 Jahre nach Liverpool in die Bauwollfirma Jersey & Co. Zurückgekehrt nach Bremen, war er 1886 Mitbegründer der Baumwollfirma Heineken & Vogelsang. Als Direktor des NDL baute Philipp Heineken ab 1906 den Passagierverkehr zwischen Bremerhaven und New York entscheidend auf und erhielt 1922 neben vielen anderen Würdigungen von der Technischen Hochschule Danzig die Ehrendoktorwürde verliehen.

Es wartet noch auf seine Erforschung, ob und wie er in seiner Liverpooler Zeit mit dem (englischen) Fußball in Berührung kam. Im „Mutterland des Fußballs“ hat er möglicherweise seine Leidenschaft für diesen Sport entwickelt und war weshalb wohl auch ab 1928/1929 als Vorsitzender im Verwaltungsrat des „Weser-Stadion e.V.“ tätig war, der als „Betreiberverein“ des Stadions zu bezeichnen ist. Nebulös bleibt auch der (politische) Hintergrund seines Ausstieges aus diesem Ehrenamt: Als Demokrat und wegen seiner wirtschaftlichen Kompetenz in dieses Amt gewählt, legte er als seriöser Kaufmann Wert auf „Schwarze Zahlen“ in diesen politisch und wirtschaftlich unruhigen Zeiten der Weimarer Republik. Im Jahr 1933 nun musste er feststellen, dass seine tiefen Überzeugungen vom Nationalsozialismus geächtet und verfolgt wurden. Fast folgerichtig legte der Kosmopolit schon 1933 zu Beginn des Nationalsozialismus neben anderen auch dieses Amt ab – „He resigned…“ wie verschiedentliche Unterlagen zeigen.

F.) Gibt es verwandtschaftliche Beziehungen zwischen beiden „Linien“ der Familie Heineken und Agnes Heineken der „Frauenrechtlerin“, „Namensgeberin einer Bremer Straße“ und Tochter des Wasserbau-Ingenieurs Heineken, der „rechten Hand“ von Ludwig Franzius?

Mögliche verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Agens Heineken (1872-1954) und den „Linien“ der Familie Heineken warten noch auf seine Erforschung. Die Reihe der Vorfahren von Agnes Heineken weisen ins 17. Jahrhundert und in den Raum Bremen-Stuhr.

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Anmerkungen
(1) Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht abzusehen, wann die gesamte Untersuchung fertiggestellt sein wird und veröffentlicht werden kann.
(2) Er hatte die über 300 Jahre alte Brauerei „De Hoiberg“ übernommen, aus der sich der heutige Weltkonzern „Heineken-Brauerei“ entwickelte.
(3) Alfred „Freddy“ Heineken unterstützte zu Lebzeiten internationale Rugby-Fußball-Wettbewerbe, seine Erben gleichfass die Associations-Fußball austragende UEFA. Beim Blick in die Fußballgeschichte wird klar, dass beide Fußball-Varianten in England wie in ganz Europa den gleichen Ursprung haben.
(4) Damit war der unter A.) erwähnte „Hofrat“ und „Mediziner“ Johann Heineken der Ur-Großvater vom „zweiten“ Christian Heineken und Schwester Rebecca Heineken.
(5) Die Familiengeschichte der Kulenkampffs, zu der auch der ehemalige TV-Quizmaster Hans-Joachim Kulenkampff gehörte, besteht u.a. aus vier Ahnen mit dem Namen Caspar Gottlieb Kulenkampff.
(6) Heute ein Stuttgarter Stadtteil.
(7) Der Geburtsort wird oftmals mit „Batavia“ angegeben. Dieses ist augenscheinlich aber nicht das indonesische Batavia, sondern der New Yorker Stadtteil als Teil der „Bronx.“.
(8) Wohnadresse u.ä. in New York sind schwer zu ermitteln. Mal heißt es „New Yorl“, mal „Südliche Bronx“, mal „Morissainia“.
(9) Bevor sie sich auseinanderdividierten basierte der „Rugby-Fußball“ und der „Associations-Fußball“ weitestgehend auf dem gleichen, aus England stammenden Regelwerk. Vereine beider Spielarten fanden sich noch einige Jahre unter dem Dach des DFB.
(10) Durch die 1970 vollzogene Fusion mit der „HAPAG“ in Hamburg geriet die bedeutende Bremer Reederei und seine Geschichte weitgehend in Vergessenheit.